Das Jahr 2023

Zu Beginn dieses Jahres wollte sich keine so rechte künstlerische Gestaltungsstimmung einstellen – also habe ich halt mit ein bisserl Räume Gestalten begonnen. Das tolle an meinem Platzerl ist ja, dass es da immer was zu tun gibt. Man muss eigentlich nur mit offenen Augen durchs Haus gehen.

So war z. B. der Schlafraum schon ein bisserl abgeranzt – und als ich zurückrechnete, wann ich diesen Teil des Dachbodens ausgebaut habe, bin ich auf – vor 10 Jahren – gekommen. Wenn man bedenkt, wie viele wilde Polsterschlachten, wie viele Raupenspiele und sonstiges Getobe dieser Raum schon erlebt hat, hat er sich eh ganz gut gehalten. Alle 10 Jahre ausmalen ist in Ordnung, finde ich. Und dann kam da noch so ein netter Gedanke – wenn der jetzt wieder 10 Jahre hält, dann muss ich bis zu meiner Pensionierung nicht mehr ausmalen! Und gleichzeitig erschrak ich ein bisserl. Pension war doch eigentlich was, was immer total weit weg, in einem anderen Lebenskontinent anzusiedeln war. An Pension denken war was für alte Leute.

Also spachtelte ich, malte, walzelte und hatte wieder einen frischen Gästeschlafraum. Dann bekam ich auch gleich Lust, neue Überzüge zu nähen und zu walzen.

Auch die neu erworbene Tannenwald-Hirsch-Musterwalze finde ich sehr nett.

Und ein weiteres, schon lange im Kopf hin und her gedachtes Vorhaben bin ich angegangen: Die Duschsituation im Badezimmer. In so alten Häusern ist das alles nicht so einfach. Zum gscheit Duschen braucht man einen Duschvorhang und Fliesen an der Wand. Feuchte Wände und Fliesen vertragen sich aber nicht so gut. Also beschloss ich nur die Teile, die unbedingt vor Spritzern geschützt werden sollen, abzudecken. Und da ich ja einen Keramikofen habe, habe ich mir die Fliesen dann auch gleich selbst gestaltet und gemacht.

Tonplatte vorbereiten
Muster rein walzen
richtige Form schneiden
Kacheln ganz langsam trocknen
Rohbrand
Glasurbrand
Linien Vorzeichnen
verfliesen und verfugen

Und so sieht mein bisserl umgestaltetes Bad jetzt aus:

Dass ich Routine mag, habe ich ja im letzten Jahresrückblick schon ausführlich erläutert– aber zwischendurch ein bisserl was Neues tut auch gut. Heuer waren das neue meine Tiere. Wobei die Zeit mit Kasimir leider ein sehr kurze war. Ich möchte hier an dieser Stelle mit ein paar Fotos an ihn erinnern – er war wirklich ein ganz besonderer Zeitgenosse, der nicht nur farblich ganz wunderbar da her gepasst hat. Er hat mit den vielen Kinder und den vielen wechselnden Gästen gut umgehen können. Und nachdem er dann auch in den Garten durfte und das „aus Protest das Haus vollkacken“ einstellte, konnte ich mich entspannen. Es war ihm anzusehen, dass es ihm da wirklich gut ging. Es nicht nur für Kinder ein toller Platz ist, sondern auch für Katzen – wenn da die Straße nicht wäre.

Es ist ein Einlassen. Und es hat auch ein paar Tage gedauert, bis es sich wirklich gut angespürt hat, dass ich mich da um ein weiteres Wesen kümmern will. Das bringt auch eine gewisse Einschränkung mit sich – so wie eigentlich jede Form von Beziehung, Zuneigung oder Freundschaft auch Aufwand, Mühe, Einsatz, Kümmern, Abstriche machen und auch ein Stück seiner Freiheiten aufgeben, bedeutet. Stimmig ist so ein Einlassen wohl dann, wenn die Freude über das Zusammensein das Gefühl von Mühe einfach wegfegt und das Genießen des gemeinsam seins einfach gut tut. Das ist wohl so ein Paradox des Menschseins, dass man eben nicht Glück und Freiheit erreicht, wenn man sich ausschließlich um sich selbst kümmert, sondern genau das Gegenteil.

Irgendwann hat es sich eingespielt, ich bin sicherer geworden, wir haben uns kennen und schätzen gelernt und dann wird auch irgendwann das Kümmern zur Routine. Und er war schon ein Kater, der mir viel meiner sehr geschätzten Freiheit gelassen hat. Und das, was dann da entsteht, an beobachten, an gemeinsam sein,…. Das ist schon etwas sehr Besonderes.

Anfang Juni kamen dann die Kaninchen zu mir. Aber die Planungen, Überlegungen, Erkundigungen und das Suchen von passenden Tieren hat schon viel früher begonnen.

Als Andi, der Freund meiner Tochter mal so nebenbei fallen ließ, dass er immer schon mal Kaninchen halten wollte, war das für mich gleich der Anlass meine lang gehegte Phantasie in die Tat umzusetzen. Wenn da noch jemand zweiter mit plant, mit überlegt und mit tut ist das gleich viel feiner. Im Mai wurde gemeinsam Stall gebaut, damit Anfang Juni ja alles rechtzeitig fertig ist.

Viel las ich im Vorfeld über die Größe von Ställen, das Halten von Kaninchen und musste feststellen, dass die Literatur über Kaninchen als Nutztier und die über Kaninchen als Haustier so unterschiedlich ist, dass man meinen könnte, es handle sich um zwei ganz unterschiedliche Tierarten und mit gänzlich unterschiedlichen Ansprüchen. Genau diesen Spagat zu schaffen sehe ich jetzt als meine Herausforderung. Mein Ziel wäre: Es soll meinen Nutztieren so gut gehen, wie Haustieren. Das ist aber leider kaum möglich. Aber ich wollte mal den Stall viel größer haben und ich wollte sie auch nicht einzeln halten. Sie haben jetzt 230 x 80 cm und sind zu zweit:

In der oberen Etage: Franz und Ferdinand
zu ebener Erde: Mut und Vorsicht, oder Vorsicht und Mut.

Den Sommer über waren sie unter Tags immer in einem Auslauf – 2 x 1 m – mit einem extra Einstieg für die Kinder. So konnten sie immer wenn sie wollten zu den Kaninchen rein, sie füttern und streicheln. Manche machten ausgiebig von dieser Gelegenheit gebrauch. Und die ganz heißen Tage waren für die Tiere am kühleren Boden auch erträglicher.

Mittlerweile sind sie ausgewachsen und zu recht stattlichen Tieren herangewachsen. Franz ist vor dem Kastrieren gewogen worden und hat 4,5 kg auf die Waage gebracht.

Ich weiß schon, dass es ihnen am allerbesten gehen würde, wenn ich sie einfach frei laufen lassen würde. Aber dann hätte ich kein Gemüse mehr im Garten und unkontrollierten Nachwuchs.

Mit den Kaninchen ist auch folgendes Tier erstmals in meinem Garten aufgetaucht:

Mistkäfer – und zwar ganz schön viele!

Die sollen ja eigentlich ganz nützlich sein – auf jeden Fall helfen sie, die vielen Kaninchenpemmerl wieder in organisches Material zu verwandeln.

Und auch der Herr Biber soll ja mit seinem Fluss-Aufstauen die Gegend renaturieren und so auch wieder anderen Tieren besseren Lebensraum schafften. Heuer haben wir die Biberstaustelle einfach weiträumig gemieden und die Kinder konnten den Bach auch mit Biberdamm genießen.

Bei den Heerscharen von Raupen bin ich mit meinem alles irgendwie verstehen wollen, dann aber doch am Ende. Ich finde es einfach schrecklich, wenn sie zu hunderten über meine Ribisel- und Stachelbeersträucher herfallen. Dank guter Freunde, die mit mir Raupen abgeklaubt haben, konnte ich heuer dann doch noch genügend Früchte ernten um daraus Marmelade zu machen.

Und dann kam wieder ein Sommer mit sieben Werklwochen.

Wir haben wie immer Freundschaftsbänder gemacht – heuer wieder mal die klassische Technik.

Wir haben aus Glasscheiben (von einer Glaserei in der Gegend geschenkte Reste), Flaschen, bunten Flaschensplittern und Glasmalfarben neue Objekte gestaltet. In meinem Keramikofen kann man nämlich auch Glas verformen!

Wir haben aus alten Tapetenmusterkatalogen und geschenkten Papieren (eine Werklwochenmama versorgt mich immer mit viel tollem Papier und Karton) schöne Fotoalben gebunden.

Wir haben aus den unterschiedlichsten Materialien, die sich bei mir so ansammeln, bzw. die ich geschenkt bekommen habe Dinge gebaut – die klingen, und schwingen, und tönen, und rasseln und überhaupt das Herz erfreuen.

Die Drucktechnik war heuer Siebdruck – pro Farbe eine Schablone aus Papier geschnitten und verschiedenste Motive gestaltet. Diese Technik erfordert Vereinfachung – und dabei entsteht oft ein ganz besonderer Ausdruck.

Und – wir haben natürlich wie immer am letzten Tag, ein Acrylbild gemalt. Aber diesmal will ich nicht eine Zeile mit Ausschnitten von unterschiedlichen Bildern von heuer zeigen – sondern die acht Bilder, die Linda bei mir in den vergangenen acht Werklwochensommern gemalt hat. Sie war heuer das letzte Mal bei mir und ich finde es einfach nur schön zu sehen – wie sich die Malerei in acht Jahren so entwickeln kann.

2016 mit sieben Jahren kam Linda das erste Mal…
2017
2018
2019
2020
2021
2022...
und heuer einen beeindruckenden Abschluss.

Diese Bilderserie sehe ich als ein Geschenk - in ganz vielfacher Hinsicht.

Einen jungen Menschen ein Stück dabei begleiten zu dürfen verschiedene Arten des sich Ausdrückens kennen zu lernen, sich immer mehr an Gestalten und Farbeinsatz anzueignen, mutiger und sicherer im Erreichen von hohen, selbst gesteckten Zielen zu werden, ist ein Geschenk.

Den Rahmen vorzubereiten, dass diese Bilder entstehen können und dann immer wieder das stolze Betrachten des eigenen Werkes zu beobachten, ist ein Geschenk.

Die vielen Gespräche über die Bilder, wie sie werden sollen, oder auch wie die Sichtweisen auf die vergangenen Bilder der letzten Jahre sind. Vorigen Sommer erzählte mir Linda folgendes: „Ich kann mich noch erinnern als ich dich um grüne Farbe für die Wiese bat und du mir auch Braun und Gelb auf Farbpalette gegeben hast – da hab ich mich sehr gewundert, ob du denn nicht weißt, dass die Wiese grün ist.“ Dieser Satz fiel 2022 – in Zusammenhang mit dieser so stimmungsvollen Schattierung der nächtlichen Straßenlaterne. Was für ein Geschenk auch rückgemeldet zu bekommen, dass manche von den vielen Gespräche bleiben.

Einfach ein Stückerl zu diesem Werden beigetragen zu haben, ist ein Geschenk.

Was für einen tollen Job ich mir da für mich ausgedacht habe!!!

Bis jetzt war es immer so, dass mir zwischendurch etwas einfällt, was ich im kommenden Sommer machen könnte. Dann schreibe ich es gleich in meinen Kalender in die Überblicksseiten des Folgejahres und so entsteht das Programm wie von selbst - meist schon ein Jahr vorher. Das entspannt mich sehr, weil ich dann schon in meiner Auszeit – also jetzt – mit dem Herumprobieren für den Sommer beginnen kann. Also entwickle ich heuer mein neuntes Werklwochenprogramm.

Und noch ein zweites Mal hat sich das Thema Pension in meine Gedanken gerückt: „Wenn ich 2024 neun Programme habe und bis 2033 noch neun Jahre bis zur Pension habe, könnte ich doch auf die ersten neun zurückgreifen.“ Ich finde, dass man sich nach 9 Jahren wiederholen darf – wobei Acrylbildmalen zur alljährlichen Tradition gehört und ich auch nur vier Freundschaftsbandvariationen habe.

Das entspannt – und hat den Vorteil, dass große Werkzeuginvestitionen nicht noch mal getätigt werden müssen. Schnitzmesser, Kerbschnitzmesser, Keramikbrennofen, … alles schon da. Diese Aussichten bis Mai 2033 finde ich sehr erfreulich.

Diese Mischung aus sich Gedanken machen, Abläufe und Programme planen und dann aber auch einfach drauf warten und wahrnehmen, was das Leben einem so zukommen lasst, einem zuspielt – das gefällt mir sehr gut.

In dieser Mischung entsteht auch handwerkliches, künstlerisches und kreatives Gestalten. Zur Veranschaulichung möchte ich eine so schöne Begebenheit vom Adventwerkln erzählen.

Wir häkelten kleine Engerl. Nicht allzu aufwendig, aber doch so, dass man das Umgehen mit der Häkelnadel erlernen konnte.

Greta tat sich zu Beginn gar nicht leicht mit der Häkelnadel – eh klar – ist es ja auch nicht. Eigentlich müssen alle 10 Finger in einem Team, gut koordiniert zusammenspielen. Zum Erlernen der festen Maschen begann ich ihr ein kleines Fleckerl. Aber auch das hin und her mit den Reihen war noch zu schwer. Also häkelte ich einfach einmal eine Runde drum rum und sie konnte in den Runden die festen Maschen viel besser erlernen. Aus dem grünen Fetzerl entstand ein grünes Schüsserl – die festen Maschen wurden erlernt. Greta bekam Lust aufs Häkeln. Nach ein paar Runden kam Greta zu mir, stellte das dunkelgrüne Schüsserl auf und sagte: „Für mich schaut das aus wie die Schnauze von einem Hund.“ – Das war die Geburtsstunde dieses genialen Wesens. Ich meinte: „Wir probieren es- aber wir sagen den anderen noch nicht was es werden soll – wir schauen mal, ob wir das hinkriegen.“

Etappe für Etappe wuchs das Dings – immer wieder kamen neue Ideen – immer wieder wurde mal wo abgenommen, wo zugenommen, an manchen Stellen gewendet und in die andere Richtung gehäkelt, irgendwann auf Stäbchen gewechselt. Und am Ende des Wochenendes war das Hunde-Dackel-Dino-Enten-Hühner-Häkeldings fertig. Und Greta war so stolz auf ihr Werk und betonte immer wieder: „Da kann jeder das drin sehen, was er eben möchte.“

Werke gestalten, Leben gestalten, … - erleben, dass es auch an einem selbst liegt. Eine gute Erfahrung der eigenen Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeit zu machen.

Und zum Abschluss hier noch zwei sehr schöne Bilder vom Adventwerkln: